Ein Anruf im Haus Stemberg: Die Dame klang besorgt. Man habe doch in drei Monaten für eine Konfirmation reserviert – 20 Personen. „Ja, und nun haben Sie doch den Stern bekommen, Herr Stemberg, da fragen wir uns, ob die Reservierung noch steht – und ob wir das noch bezahlen können.“ Walter Stemberg konnte die Dame beruhigen.
Trotz Michelin-Stern: alles bleibt, wie es war!
Der Inhaber von Haus Stemberg in Velbert: „Stark gebucht war das Haus Stemberg schon vor dem Stern und an den Preisen haben wir gar nichts geändert. Alles bleibt, wie es war. Bei uns gibt es auch nach wie vor das Wiener Schnitzel oder die gebratene Blutwurst.“ Der Patron beherzigt bis heute die Worte des legendären Hugo Steiger aus den Walliser Stuben in Düsseldorf, bei dem der heute 63-jährige Vollblutgastronom 1970 das erste Rüstzeug erhielt. Der Chef des damals in NRW führenden Restaurants, dem Jean-Claude Bourgeuil (heute: Im Schiffchen) zwei Sterne erkochte, gab ihm mit auf den Weg: „Koche nie für Kritiker, sondern ausschließlich für deine Gäste.“ Man kann das auch übersetzen in die Empfehlung: Bleib mit den Füßen auf dem Boden.
Haus Stemberg – Qualität und Tradition
So machen Vater Stemberg und Sohn Sascha, was sie schon immer gemacht haben: Sie kochen für ihre Gäste nach dem Motto „Zwei Küchen von einem Herd“ – sowohl traditionell als auch ambitioniert-experimentell, Regionales und Haute Cuisine – und sie wissen ganz offensichtlich genau, was ankommt. Was Walter Stemberg hier seit 1975 auf den Tisch brachte, hat den Ruf des Hauses als Feinschmeckeroase begründet und in der Historie des Familiensitzes von 1864 ein leuchtendes Glanzlicht gesetzt.
Während Patron Walter an gastronomischen Auszeichnungen nahezu alles abräumte, was die Branche der Gastrokritiker zu vergeben hat, holte sein Sohn Sascha, Küchenchef seit 2004 und Mitglied in der Gilde der „Jeunes Restaurateurs d’Europe“, im letzten November noch den Michelin-Stern dazu. Zwei Wochen später wurde er noch „Aufsteiger des Jahres“ im Gusto-Restaurantführer.
Guide Michelin ehrt Sascha mit einem Stern
Sascha Stemberg, in der fünften Generation im Gastrogeschäft, brachte die Erfahrung seiner „Wanderjahre“ in das Haus Stemberg im Bergischen ein und setzte damit starke neue Akzente. Der Junior lernte sein Geschäft bei Herdhelden wie Hans-Peter Wodarz (Die Ente vom Lehel), Günther Scherrer (Victorian, Düsseldorf) und Peter Nöthel (Hummerstübchen). Exotische Impressionen sammelte er im luxuriösen Hotel Paradis auf Mauritius, das Gäste mit vier verschiedenen Restaurants auf Spitzenniveau verwöhnt.
Während Sascha seit langem zum Wohlgefallen der Eltern die Küche im Griff hat, umsorgen Petra, Saschas Frau Coren und Walter Stemberg mit ihrem jungen Service-Team die Gäste: Freundlichster Service und ausgiebige Beratung beim Wein sind im Haus Stemberg Standard. Der Wein – ein Spezialgebiet des Seniors, der seine „Selektion Stemberg“ seit zehn Jahren außer Haus verkauft. Die Preise für die Rebensäfte, außer Haus wie auch im Restaurant, sind kundenfreundlich. So günstig wie in diesem Gourmettempel im Gasthaus-Look kann man wohl in keinem unserer Sternerestaurant Wein konsumieren. Klar, 220 Euro für einen Château Palmer Grand-Cru-Classé von 2003, das ist gewiss viel Geld für drei bis vier Glas Wein, aber: Im Handel ist die Flasche zu diesem Preis kaum zu kaufen! Neben hochpreisigen Gewächsen wie diesem oder dem Château Mouton Rothschild 1.er Cru-Classé von 1989 für 348 Euro und dem Saint Emilion Château Figeac, 1.er Grand-Cru-Classé für 120 Euro haben die Stembergs eine Fülle erstklassiger Weine vieler Provenienzen zu Preisen zwischen 25 und 40 Euro im Angebot.
Haus Stemberg – regional und saisonal … so kocht man heute
Das günstige Weinangebot aus dem perfekt temperierten Gewölbekeller gehört ebenso zur Hausphilosophie wie der regionale Einkauf der Produkte, die hier verarbeitet werden: Im näheren Umkreis engagieren sich Landwirte auf gleich sechs Bio-Bauernhöfen im Windrather Tal, bei denen die Stembergs einkaufen. Zu den lokalen Lieferanten mit Anspruch, denen man im Haus Stemberg den Vorzug gibt, gehört nicht nur das Gut Kuhlendahl, der Spargellieferant, sondern auch die örtliche Käserei, der Biobäcker und der seit vielen Jahren bekannte Metzger, der nach alten Hausrezepten arbeitet. Was daraus zubereitet wird, begeistert. Warum sonst sollten Stemberg-Gäste zum Teil lange Wartezeiten in Kauf nehmen! Wer etwa im Oktober des letzten Jahres einen größeren Tisch reservieren wollte, musste sich bis Januar 2014 vertrösten lassen. Aber nicht nur in der Gänsezeit – 500 bis 600 werden pro Saison „ofenfrisch“ auf Vorbestellung zubereitet – ist die Nachfrage immens.
Was also mögen die Gäste an diesem Landhaus, für dessen Besuch die hier stark vertretenen Düsseldorfer eine halbstündige Autofahrt in Kauf nehmen?
Das Ambiente ist heimelig, die Atmosphäre einladend, ein Mix aus Landhausstil und modernem Mobiliar, versetzt mit Designelementen. Gäste finden am Platz ein Fläschchen Jordan Olivenöl, Schälchen mit Fleur de Sel, Kräutersalz und einer Pfeffermelange. Dazu gleich vier Sorten Biobrot.
Wir probieren eine Auswahl aus dem Degustationsmenü, das in sieben Gängen für sensationell günstige 72 Euro serviert wird. Ausnahme für uns: Der obligate Gruß aus der Küche wird uns gleich in drei Variationen zuteil – Praline von der Entenleber, Thunfisch, gewürzt mit Sesam, Soja und Koriander sowie Tataki (kurz angebraten, gekühlt, damit’s nicht nachzieht) vom Thunfisch mit Sojasauce, Avocado, Pomelo und Yuzu.
Ein schmales Blöckchen Entenleberterrine mit mildem Räucheraal, Apfel, Topinambur, Dinkel und Ingwer (18 Euro) – der erste Gang ist ein sensationeller Einstieg.
Nach einem Hummersüppchen mit Champagner genießen wir die köstliche Rote Seewassergarnele, roh mariniert, mit Kürbiscreme, Tandoori-Joghurt und Garnelen-Sud (18 Euro).
Bauch, Bäckchen und Schinken vom Livar Klosterschwein mit Mais, allerlei Rübchen und Schalotten (29 Euro) ist unser letzter Gang vor dem Dessert, das wie alle Gerichte auf Tellern der asiatisch anmutenden Serie „Pure“ serviert wird.
Die exotischen Früchte als Dessert – weiße Schokolade, Tamarinde, Aloe Vera – runden unsere Geschmacksprobe trefflich ab.
Während Sohn Sascha wieder in die Gaststube eilt – ein Mitarbeiter wird von der zehnköpfigen Küchenbrigade angemessen verabschiedet – serviert Vater Walter noch eine seltene Weichselkirsche von Ziegler. Der Patron voller Stolz: „Wir bieten im Haus Stemberg 30 Sorten Ziegler an, insgesamt 150 Digestifs. Und zeig mir mal ein Restaurant wie unseres, wo du einen Ziegler No. 1 für 9,50 Euro bekommst!“
Es reicht nicht, gut zu kochen und kaufmännisch zu kalkulieren, um über Jahrzehnte so erfolgreich zu sein wie die Stembergs.
Walter Stembergs mehr als 30 Kochbücher haben eine Auflage von über einer Million erzielt, 22 von ihnen kauften Aldi-Kunden. Aldi Nord – auch ein Großabnehmer für seine biozertifizierte Gewürzserie. 35 Jahre vor den heutigen TV-Köchen schwang der umtriebige Walter Stemberg schon den Kochlöffel öffentlich – etwa bei SAT 1, im WDR, TV-Gusto und bei RTL. Neben dem Weinhandel kooperiert er mit klüh Catering bei der Menügestaltung für Patienten im Essener Elisabeth-Krankenhaus und ist engagiert in zahllosen weiteren Aktivitäten. Gästen von auswärts bietet er einen Shuttleservice an und sehr betuchten Besuchern von auswärts auch einen Hubschrauberlandeplatz. Dieser Mann ist geschäftstüchtig.
Sascha, mit dem er nun gemeinsam die Buchreihe fortsetzt, das neueste im Buchhandel ist „Stembergs BRATEN“, tritt an den Restaurantruhetagen auch als TV-Koch in die Fußstapfen des Vaters. „Kochalarm“ heißt seine Sendung im WDR.
Vater Walter, erstklassiger Koch, engagierter Geschäftsmann, die richtige Frau an seiner Seite, macht einen zufriedenen Eindruck. Sein Haus ist bestellt, Sascha hat sowohl das Kochtalent geerbt als auch die Disziplin und den Fleiß, die dazu gehören, um in diesem knochenharten Job gemeinsam mit seiner Frau Coren weiterhin erfolgreich zu sein.
Wir trinken noch einen Ziegler und sagen: Auf bald.
Text: Wolfgang Osinski
Fotos: Hojabr Riahi
Haus Stemberg
Kuhlendahler Strae 295
42553 Velbert-Neviges
Tel.: 02053-5649
E-Mail: stemmi@tv-stemberg.de
www.haus-stemberg.de
Ruhetage: Donnerstag und Freitag.
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