Nirgendwo in Deutschland isst man so gut und so oft außer Haus wie in Düsseldorf. 

„Düsseldorf ist für uns eine kulinarische Hochburg der Genießer und Entdecker. Ob Sterne-Gastronomie oder neue Gastrokonzepte, Top-Restaurants mit internationalem Angebot oder regionalen Spezialitäten – Düsseldorf punktet in allen Bereichen.“ Frank Hartmann, Geschäftsführer des Unternehmens „Innofairs“, organisiert seit sechs Jahren das Gourmet-Festival Düsseldorf auf der Kö, dessen Popularität stetig steigt. In diesem Jahr freute sich der Eventspezialist über eine Rekordbeteiligung von rund 190 Ausstellern – Gastronomie, Winzer, Weinhändler und Vertreter von Feinkostspezialitäten. 55.000 Besucher – gleichfalls ein Rekord.

Festival mit Flair: Das Gourmet-Festival auf der Kö übertraf alle Erwartungen

Hartmann glaubt, ein solches Festival sei nur in Düsseldorf möglich: „Mit seinem anspruchsvollen Publikum, seinem großstädtischen Flair und seiner Magnetfunktion für die Rhein-Ruhr-Region bietet Düsseldorf einen einzigartigen Nährboden für eine junge, quirlige und trendige Gastroszene, wie sie in einer Stadt ihrer Größe normalerweise nicht zu finden ist.“

Flair, das ist wohl das, was das „Gourmet-Festival Düsseldorf“ auf unserer Lieblingsstraße ausmacht: Zwischen Corneliusplatz und Graf-Adolf-Straße sind beidseitig des Kö-Grabens Pagodenzelte aufgereiht, in denen gebrutzelt, gegrillt und geköchelt wird, Winzer ihren Wein und Feinkosthändler ihre Waren anpreisen – eine einzigartige Atmosphäre.

Einer der neuesten Hypes – die Street Food Festivals im Stahlwerk sind ein großer Publikumserfolg

Tipps und Tricks für Besseresser

Doch nicht nur Deutschlands größtes Outdoor-Gourmet-Festival treibt die Düsseldorfer an gedeckte Tische und mobile Küchen: Seit diesem Jahr ist auch das größte Indoor-Gourmet-Festival „Eat & Style“ in Düsseldorf zu Hause. Nach zehn Jahren in Köln (!) wechselte die Messe in die Alte Schmiedehalle der Böhler-Werke. Vom 1. bis 3. Oktober inszenierte Veranstalter Kai Klemm („Fleet Food Events“) das begeisternde Festival, bei dem Profis aus der Gastronomie Hobbyköche und Besseresser mit Tipps und Tricks ausstatten. Hier nahm Ludwig („Lucky“) Maurer, Wagyu-Rind-Züchter, Koch und Buchautor („Fleisch“), live ein Rinderviertel auseinander und zeigte, wie man jedes Gramm davon verwerten kann („Das Filet ist überbewertet“). Veronique Witzigmann, Tochter der Kochlegende, zeigte in einem Workshop, wie „Apfelstrudel mal anders“ gelingt. Bettina Seitz, eine Event- und Showköchin, die 2011 in den USA den Titel „Vize-Grill-Weltmeister“ holte, präsentierte „Sous Vide“ Cooking und bereitete live Schmackhaftes wie „Lachsfilet mit Gurken und Schokoküchlein mit marinierten Pflaumen“ zu.

Auf der Gourmet-Messe eat & STYLE war die „Men‘s World“ ein regelrechter Hingucker: Fleischexperten demonstrierten, wie man ein Rinderviertel zerlegt und alles verwertet

Sehen, schmecken, staunen, lernen – das ist die Philosophie der größten deutschen Gourmetshow, die mit 22 Sattelschleppern in ausgewählten deutschen Metropolen Station macht und nun in Düsseldorf ein neues Zuhause gefunden hat.

Klemm liegt mit seiner Orientierung nach Düsseldorf voll im Trend, denn in keiner anderen Stadt Deutschlands gibt es mehr Veranstaltungen und Aktionen, bei denen es um genussreiches Essen geht: Düsseldorf ist das Gastroparadies am Rhein schlechthin.

Auch die Zahlen sprechen für sich: In Düsseldorf, mit rund 600.000 Einwohnern, setzen die Restaurants im Jahr die gewaltige Summe von 866.419.000 Euro um! In unserer Nachbarstadt Köln, mit über einer Million Einwohnern erheblich größer, sind es nur 864.666.000 Euro. Diese Zahlen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DeHoGa) stammen von 2013, aktuellere liegen nicht vor. Doch kann man davon ausgehen, dass sich durch die zahlreichen Restaurant-Neugründungen der letzten Jahre in Düsseldorf das Verhältnis eher zugunsten der Landeshauptstadt verschoben hat.

Auch auf dem acht Mal stattfindenen Fischmarkt am Tonhallenufer steht der Genuss im Vordergrund

„Mehr Genießer als anderswo“

Der Düsseldorfer fährt auf Kochevents voll ab. Pionierin in der Landeshauptstadt ist Gabriela Piccariello, die vor 16 Jahren ihre „Tour de Menu“ startete und damals 20 Restaurants anbot, in denen ein Menü zum Sonderpreis aufgetischt wurde. In diesem Jahr nahmen 50 Restaurants teil und ihr zweiter Gourmet-Zirkus „Tour de Menu Gusto“ im September brachte über 30 Restaurants zusammen. „Die Düsseldorfer sind bereit, für bessere Leistung und Qualität zu bezahlen, hier gibt es mehr Genießer als anderswo“, glaubt sie. Die „Tour de Menu“ habe qualitativ hochwertiges und kreatives Essen in der Stadt gefördert. Das mag wohl sein, immerhin werden die jeweils mehr als 20.000 Teilnehmer gebeten, ihr Essen zu benoten, und die Gewinner hängen sich die entsprechende Urkunde gern auch ins Restaurant. „Wir wissen von den Gästen, dass sie gern in Gruppen essen gehen und sich auch gern mit Wein beschäftigen“, sagt die Eventveranstalterin, die auch acht Mal im Jahr den Düsseldorfer „Fischmarkt“ mit 60 Ausstellern organisiert. Die wenigsten der mehr als 30.000 Besucher kaufen dort wohl Fisch, sie futtern sich durch das Angebot von Currywurst, Austern, Krustenbraten, Flammkuchen und Bratfisch, trinken Wein und „Schlüssel Alt“: Auch beim „Fischmarkt“ steht der Genuss im Vordergrund.

Dieses Restaurant könnte ebenso gut in New York oder London sein: Das Phoenix im Dreischeibenhaus hat weltstädtisches Niveau

„Essen ist das neue Feiern“

Egal wann, egal wo: Wenn ein Kochevent ansteht, wenn ein „Street Food Festival“ einlädt – auf die genussorientierten Düsseldorfer ist Verlass. „Essen ist das neue Feiern“, sagt Van Nguyen, Inhaber des erfolgreichen, vietnamesischen Restaurants „Zen“ an der Ackerstraße, der außer auf original vietnamesische Rezepte auf die schiere Lust am Ausgehen setzt. An jedem Donnerstag kann man seine „Pho Bo“-Suppe mit Livemusik genießen und gelegentlich haut er Cocktails zu Preisen heraus, bei denen man nicht nein sagen kann und Gäste Sitzfleisch entwickeln.

Restaurant „Zen“ in Flingern: „Essen ist das neue Feiern“

Alles, was läuft, wird kopiert. So kam es, dass in diesem Jahr drei Veranstalter zur gleichen Zeit mit ihren Programmen um die Gunst ausgehfreudiger Düsseldorfer warben. Neben der „Tour de Menu Gusto“ verabredeten sich gesellige Düsseldorfer in der zweiten Septemberhälfte zum „Kulinarischen Heimspiel“, Unter-
titel: „So geil isst Düsseldorf“. Ähnlich wie bei „Tour der Menu Gusto“ galt in 17 teilnehmenden Restaurants die Devise: Bestens essen zu Sonderpreisen. Organisator war ein Food-Blogger namens Sascha Perrone.

Dritter im Wettbewerb um die Gunst der Schleckermäuler waren „Düsseldorfer Spitzenköche“ wie Christian Penzhorn, Michael Reinhardt und Holger Berens, die in ihrer separaten Aktion „Best of Menü – Fünf Gänge für ein Halleluja“ im gleichen Zeitraum ein Edelessen für 69 Euro auf-tischten.

Doch der Kampf um Kunden kannte offensichtlich keine Verlierer. Teilnehmende Restaurants zeigten sich durch die Bank zufrieden, wie eine kleine Umfrage von „Lust auf Düsseldorf“ ergab. Die Rheinische Post hatte vor den drei Aktionen angekündigt: „In den kommenden Wochen wird Düsseldorf zur Hauptstadt der Gourmets.“ Doch das ist Düsseldorf augenscheinlich nicht nur im September, denn die Ausgehfreude der Düsseldorfer ist nicht auf einen Monat beschränkt.

Licht aus, Stimmung groß

Er steht für Ungewöhnliches und Innovatives – Dave Hänsel in seinem „Markt Lokal“ auf dem Carlsplatz

Wenn in der Gastroszene Düsseldorfs das Licht ausgeht, dann mit Absicht. Zum dritten Mal setzten sich Mitte Oktober Gäste in 14 Restaurants ausschließlich bei Kerzenlicht an den Tisch. „Genuss ohne Strom“ heißt die Marktlücke. Es wird alternativ gekocht, ohne Strom eben, und die Lampen bleiben aus. Auch das lieben die Düsseldorfer. „Es war sensationell“, schwärmt Marc Siodla (46) vom (empfehlenswerten!) Restaurant „K“ in der Lorettostraße, „das Flair macht den Abend ganz besonders und die Gäste sind irgendwie viel entspannter als sonst.“ Für 30 Euro servierte Marc ein vegetarisches Menü, für 35 Euro kam die ganze Dorade oder der Rinderbraten vom Hochweiderind mit Semmelknödeln und Waldpilzragout auf den Tisch. Das Restaurant „K“ war zum dritten Mal dabei und will auch 2017 wieder mitmachen. Marc Siodla: „Wir hatten 280 Gäste in jeweils zwei Sitzungen – von 17:30 bis 21 Uhr und danach von 21:00 Uhr mit Ende offen.“ Gast Kathrin Lohaus (30), die mit ihrem Mann im Durchschnitt einmal wöchentlich essen geht, war begeistert: „Es war einfach supersuperschön, Hunderte von Kerzen brannten, ein tolles Ambiente.“

Ein Hochfest der Kulinarik ist das jährliche Gourmet-Festival von „Edeka Frischecenter Zurheide“ in Reisholz. Bei dem „Festival für die Sinne“ treten Deutschlands Herdhexer und Topwinzer in Kompaniestärke an. In diesem Jahr kochten unter anderen die 3-Sterne-Legenden Dieter Müller (Ex-„Schlosshotel Lerbach“, jetzt „MS Europa“), Thomas Bühner („La Vie“, Osnabrück) und Harald Wohlfahrt („Schwarzwaldstube“, Baiersbronn) sowie die TV-Köche Nelson Müller („Schote“, Essen) und Mario Kotaska („Bratwerk“, Köln). Die Tickets für die Festivals sind blitzartig ausverkauft.

Keine Überraschung auch, dass „Zurheide“ sich bei der Planung des spektakulärsten deutschen Supermarkts für Düsseldorf entschied („Lust auf Düsseldorf“ berichtete). Das Lebensmittelparadies wird – wegen baulicher Probleme verspätet – erst Ende nächsten Jahres im alten Kaufhof an der Berliner Allee eröffnet.

Küchenparty im Kö-Hotel

Völlig klar, dass die Nobelhotels an der Kö an dem Ringen um die Gunst der Feinschmecker teilnehmen. So lud „Breidenbacher Hof“-Chef Cyrus Heydarian das Kochgenie Justin Quek aus Singapur für einige Wochen ein, um den Gästen asiatische Esskunst näherzubringen. Dazu baute er die „Capella Bar“ zum Pop-Up-Restaurant um. Am 6. November stieg die „Küchenparty“ mit Spitzenköchen und Schampus am Herd, seit 7 Jahren ein absoluter Höhepunkt für Gourmets: Schampus trinken, in die Töpfe schauen und genießen, was deutsche Kochgiganten, unter anderen die 2-Sterne-Köche Paul Stradner („Brenners Park-Hotel“, Baden-Baden) und Christoph Rüffer („Vier Jahreszeiten“, Hamburg), gemeinsam mit Justin Quek kunstvoll anrichteten. Preis pro Genießer: 139 Euro; 340 Gäste genossen den Abend.

Was sagt denn die Gourmetbibel „Guide Michelin“ zum Restaurant-Angebot in Düsseldorf? Das rote Büchlein listet – immerhin – nur einen Stern weniger auf als in der Millionenstadt Köln. Über Jean Claude Bourgeuils „Im Schiffchen“ leuchten zwei Sterne, mit jeweils einem können sich „Berens am Kai“, „Tafelspitz“, „Agata’s“, „Nagaya“, „Enzo im Schiffchen“ und „Victorian“ schmücken.

Doch der „Michelin“ ist nicht das Maß aller Dinge, zumal er auch in der Kategorie „Bib Gourmand“ (Gute Küche, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis) in Düsseldorf nur vier Lokale auflistet: „Dorfstube“, „Nöthel’s“, „Parlin“ und „Münstermanns Kontor“. Da vermisst man einige. Bei den Höhepunkten der Restaurant-Neueröffnungen in Düsseldorf muss an erster Stelle das „Phoenix“ im Dreischeibenhaus genannt werden. Das Restaurant hat etwas Weltstädtisches, Küche und Ambiente machen das Lokal zu einer idealen Location für das besondere Dinner oder ein gehobenes Geschäftsessen.

Spanische Sterne-Köchin in der Altstadt

Die „Brasserie Stadthaus“ im Hotel „De Medici“ hat hervorragend eingeschlagen, das „La Terrazza“ an der Kö glänzt nach dem quälenden Umbau wegen „Dior“ jetzt endlich wieder mit freiem Blick und neuem Koch und im traditionellen „Brand’s Jupp“ in Wittlaer belebt das Gastro-Ehepaar Benjamin und Susanne Rehbock mit Geschick jetzt die lange verwaiste Küche. In Düsseldorf tut sich ständig etwas.

Bestes Beispiel für Essen in gepflegtem Ambiente: Restaurant „La Terrazza“ auf der KÖ über Dior

Mit großer Spannung darf erwartet werden, was sich im „Andreasquartier“ in der Altstadt, dem einstigen Gerichtsgebäude, entwickelt. Eine mallorquinische Sterne-Köchin, Macarena de Castro aus dem Restaurant „Jardin“ (Puerto de Alcudia), wird dort ein riesiges spanisches Res-taurant beaufsichtigen, das hier neben einem Italiener und einem Steakhaus der dänischen Edelkette „Mash“ entsteht. Auch Kochpromis fliegen voll auf Düsseldorf: Nach Tim Mälzers „Hausmann‘s“, das zu Recht gemischte Kritiken einfährt, Dave Hänsels Marktlokal („Sehr, sehr lecker“) auf dem Carlsplatz, berechtigterweise nur gelobt, und TV-Koch Stefan Marquards „Hase + Igel“ auf dem Gelände der Schwanenhöfe wird künftig auch der englische Starkoch Jamie Oliver die Düsseldorfer Gastroszene bereichern – mit einem Restaurant im Flughafen.

Die Düsseldorfer mit ihrer Ausgeh- und Genusslust haben allerdings ein großes Problem verursacht: Die Köche werden knapp. Gastronomen kämpfen mit List und Tücke, Hauen und Stechen um Könner am Herd. Die Rheinische Post: „Der Fachkräfte-Mangel im Gastgewerbe wächst zum ernsten Problem.“

Wolfgang Osinski

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