Wir haben auch ungläubig geschaut, als der Geschäftsführer des (empfehlenswerten) Restaurants „De Kluizenaer“ im zeeländischen Goes uns einen Riesling aus Holland empfahl. Wir befanden uns gefühlt recht tief im Risikobereich – und waren angenehm überrascht.

Dem galt es sofort auf den Grund zu gehen: Ein Foto vom Etikett, eine Google-Suche, ein kurzes Telefonat – und da sind wir: Harry Vorselen (48) und seine Frau Mieke (40) sitzen mit uns im idyllischen Hof ihres kleinen Wijngoed Thorn.

Eine Stunde von Düsseldorf, in Thorn bei Roermond, nur einen Steinwurf von der belgischen Grenze entfernt, baut das Paar Wein an, der sich, auch international, behauptet und Preise abräumt.

Wein aus Holland

Harry Vorselen vor seinem kleinen Weingut Thorn – in der Hand sein Pinot Noir

Ein Geheimnis verrät uns Harry Vorselen gleich vorweg: das Klima. „Wir haben hier nur 725 bis 750 mm Niederschlag im Jahr, Thorn ist die trockenste Stelle in ganz BeNeLux.“ Prima Klima also und dann noch der Boden: Der Wein wächst auf einem alten Maas-Arm, der Boden ist sandig, mit Ton durchsetzt, darunter finden sich Kiesel und Sedimente aus dem Verlauf der Maas.

Wir fahren hinaus zu seinem „Weinberg“, der natürlich flach ist wie eine Flunder. Ein polnisches Ehepaar schneidet den Wein gerade herunter, fast die Hälfte jeder Traube muss dran glauben. „So steigern wir die Kraft des Weines“, erklärt uns Harry.

Wein aus Holland

Unterstützung aus Polen für die Pflege des Weinbergs: ein Ehepaar schneidet auf dem sechs Hektar großen Weinberg die Trauben zurück, um mehr Kraft in den Wein zu bringen

Auf sechs Hektar wachsen hier rund 30.000 Rebstöcke. Die sind gut für rund 40.000 Liter Wein – Riesling, Grauburgunder, Dornfelder, Spätburgunder und, zum größten Teil, der bei uns weniger bekannte Auxerrois, der ein wenig an Weißburgunder erinnert, aber mehr Charakter aufweist. Der holländische Winzer zeigt uns eine Besonderheit: Das Weingut Thorn hat eine eigene Schutztruppe: Ein aufgelassener Kommunikationsturm, nur zweihundert Meter entfernt, wurde von Falken in Beschlag genommen. „Die verhindern, dass uns die Vögel die Trauben wegfressen“, grinst Harry Vorselen.

Zurück in seinem kleinen Weingut, steht natürlich eine Weinprobe an. Der Auxerrois ist gefällig, vermittelt ein stärkeres „Mundvoll“-Erlebnis als etwa der geschmacklich verwandte Weißburgunder. Das Tröpfchen, das mit 10 Euro gut bepreist ist, geht als Wein für alle Fälle durch. Deutlich über unseren Erwartungen präsentiert sich der Pinot Noir, den die Vorselens zwölf Monate in französischen Eichenfässern ausbauen. Er ist seidig und nicht sehr tanninreich.

Der Keller des Weingutes Thorn – hier lagert genügend Wein für rund 40.000 Flaschen

Doch der Riesling erst: ganz, ganz großartig! Der Thornsche Riesling mit 13 Volumenprozent kommt mit frischen Duftnoten daher – Pfirsich, Mango, Lychee – ein leichter Petrolton und ein kräftiger, charakteristischer Abgang machen ihn „rund“. Wir haben eine Kiste mitgenommen.

In Trier, bei der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt, hat Harry Vorselen Weinbau studiert. Als frisch gebackener Önologe kaufte er zunächst 600 Auxerrois-Reben von einer Luxemburger Rebschule. „Schon im ersten Jahr haben wir damit so gut gelegen, dass wir ganz begeistert waren“, sagt seine Frau Mieke.

Das ist zwölf Jahre her. Heute pflastern Urkunden und Goldmedaillen aus Frankreich, Belgien und Holland eine ganze Wand im Weinkeller. Nicht nur der Riesling kann sich hoher Akzeptanz erfreuen, auch der Grauburgunder sammelt „Gold“. Der Pinot Noir und der Riesling sind die Lieblingsweine des Winzers, wir schließen uns da gern an. Das „Wijngoed Thorn“ ist ein Familienunternehmen. Neben Harry und Mieke Vorselen packt Harrys Mutter Elly (76) in der Erntezeit mit an, ebenso Jo Coolen (80), ein langjähriger väterlicher Freund. Und auch die Kinder des Ehepaars, zehn, zwölf und 14 Jahre alt, haben Freude daran, sich ein wenig einzubringen.

Der Wein aus Thorn ist, natürlich, in den Spitzenrestaurants des 2.700-Einwohner-Städtchens im Angebot, etwa im „DrijCroonen“ gleich nebenan. Viele der rund 40.000 Flaschen gehen an den größten niederländischen Händler, doch die Vorselens exportieren auch – nach Belgien, England, Schweden und in die Schweiz. Eine vielfach ausgezeichnete Besonderheit ist die Grauburgunder Beerenauslese (0,5 l für 20 Euro), von der wir auch zwei Fläschchen erwerben, ein perfekter Dessertwein.

Nicht das beste Restaurant der Stadt, aber besonders pittoresk und in toller Lage gegenüber der prächtigen Kirche

Beim Degustieren erfahren wir von Harry Vorselen, dass in der Provinz Limburg bereits in früheren Zeiten Wein angebaut wurde. Seit 40 Jahren sind Winzer an der Maas wieder aktiv. Es gibt in dem deutsch-niederländisch-belgischen Grenzgebiet insgesamt zehn Weingüter und künftig soll grenzübergreifend ein AOC, eine geschützte Herkunftsbezeichnung, eingeführt werden.

Am späten Nachmittag lädt Harry Vorselen uns zu einem Rundgang durch das liebenswerte Städtchen ein. In napoleonischen Zeiten, beginnend mit dem Einmarsch der Truppen 1794, gab es eine Fenstersteuer, weshalb viele zugemauert wurden, erklärt er uns. Die Häuser wurden danach weiß gestrichen, weil die zugemauerten Fenster dann nicht mehr zu sehen waren. Das begründete den Namen „weiße Stadt“

Der Holländer mag‘s gern „gezellig“ und Thorn-Touristen schließen sich gern an

Die Franzosen beendeten die 800-jährige Herrschaft der Frauen in der Stadt. Äbtissinnen hatten das Städtchen Thorn geprägt und zum Wohlstand geführt. Die Abteikirche, im 10. Jahrhundert gegründet und im 14. Jahrhundert zu einer Kreuzbasilika ausgebaut, ist heute eine Sehenswürdigkeit. Die Äbtissinnen „regierten“ von 992 bis 1802.

Im 14. Jahrhundert zu einer Kreuzbasilika ausgebaut, heute eine Sehenswürdigkeit – die prächtige Stiftskirche von Thorn

Angeblich wurden die Straßen von Thorn mit Maas-Steinen gepflastert, damit die wertvollen Kleider der Äbtissinnen keinen Schaden nahmen.

Das Dorf ist sehr gepflegt. Die weißen Häuser, die historischen Bauten, mehr als 100 sind Baudenkmäler, und die Abtei sind neben dem Besuch des Weinguts einen Wochenendausflug wert. Im Sommer können Sie Badekleidung mitnehmen: Einige hundert Meter vom Ortszentrum entfernt finden Sie einen schönen Sandstrand an einem riesigen von der Maas gespeisten See.

Weil wir spät gebucht hatten, kamen wir in einem eher nicht so guten Hotel in einem Nachbarort unter. Empfehlenswert in Thorn sind das „B & B Bed&BotramBie Os“ in der Hoogstraat 42 und das in der gleichen Straße gelegene „Fletcher Hotel La Ville Blanche“ sowie das „thorn B & B“, OudeTrambaan 2b.

Die Hotels scheinen alle ohne eigene Websites auszukommen, deshalb Buchung am besten über booking.com. Es gibt auch einige liebenswerte Kneipen im Städtchen, zum Beispiel den „Zonnewijzer“ und „Das Stift“. Mehr über das Wijngoed Thorn finden Sie auf der Website: www.wijngoed-thorn.nl.

 

Wolfgang Osinski

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