Da kommst du zum Schuster und denkst, du wärst in einem Café. Ledercouch und Sessel um einen kleinen Couchtisch laden zum Verweilen ein, die grüne Tapete mit goldenem Ornament schafft ein angenehmes Ambiente. Soulier d’Or, „Goldener Schuh“, hat der Inhaber sein Geschäft getauft.

Im Regal gegenüber der Couch neue Budapester Schuhe aus der renommierten Manufaktur Laszlo, aus bestem englischen Leder, überwiegend im traditionellen Look. „Laszlo ist wirklich der beste“, sagt Nordin Haj Haddou (46), der hier, in der Beuthstraße 14 in Pempelfort, die Schuhmacherkunst pflegt und Schuhe nach Maß fertigt, ganz traditionell und in Perfektion.

Während die rahmengenähten Laszlo-Schuhe für rund 300 Euro über die Ladentheke gehen, muss der Fan feinen maßgeschneiderten Schuhwerks dagegen schon etwa 800 Euro investieren. Ja, ein Schuh ist ein Investment, man trägt ihn leicht zehn Jahre und mehr, Pflege vorausgesetzt.

Klassiker wie diese sind die Spezialität des Pempelforter Schusters

Schuster ist heute ein Sammelbegriff für Menschen, die nach Schema F Ledersohlen unter Schuhe nageln und vom Wesen und der Struktur des Schuhs oftmals keinen Schimmer haben. „Es gibt so viele Schuhmacher, die zerstören statt zu reparieren“, sagt der Handwerker und freut sich keck, er lebe mittlerweile „auch von den Fehlern anderer.“

„Wenn der Schuh recht ist, vergisst man die Füße“, diese Weisheit des taoistischen Philosophen Dschuang Dsi (350 bis etwa 275 v. Chr.) hat der Düsseldorfer und Sohn marokkanischer Eltern seit dem zarten Alter von drei Monaten, nicht nur an die Wand genagelt, sondern auch verinnerlicht.

„Schauen Sie“, sagt er und zeigt einen Schuh im Rohzustand – „der Leisten aus Buchenholz, nach Maß geschnitzt, der vorgelochte Rahmen wird mit dem sogenannten Pechdraht aus Hanf mit dem Schaft genannten Oberleder und der Brandsohle verbunden, Vorder- und Hinterkappe werden geformt und das Innenfutter eingefügt.“ Dieser Schuh wird zwiegenäht, Lebensdauer unbegrenzt. Für ein Paar Schuhe benötigt er, je nach Leder und Design, 39 bis 70 Stunden. Das Leder stammt von der Manufaktur Rendenbach, das auch hochklassige Schuhhersteller wie Allen Edmonds oder Alden verwenden. Es gilt als wasserresistent und atmungsaktiv.

Zwiegenähte Schuhe sind seine Spezialität. Zu seinen Kunden gehört auch ein prominenter FDP-Politiker

Nordins Spezialität ist der sogenannte „Budapester“, ein Herrenklassiker mit Lochungen, die er mit Hilfe eines Hämmerchens und eines Rundstiftes herausschlägt. Aber: „Es gibt nichts, was wir nicht machen! Bringen Sie das Foto eines Schuhs oder eine Zeichnung, dann fertigen wir den Schuh danach an. Wenn Sie ein exotisches Leder oder eine ausgefallene Farbe wünschen, ist auch das kein Problem.“

Mit dieser Einstellung eroberte sich der Schuhmacher mit den goldenen Händen den Titel „offizieller Schuster des European Song Contest“, er durfte auch die diversen Delegationen ausstatten.

Nun, Monsieur, über Maßschuhe reden auch wir irgendwann mal. Was sagen Sie denn zu meinen Schuhen?

Der Lehrlingswart der Innung Düsseldorf-Mettmann schaut sich die in die Jahre gekommenen honigfarbenen italienischen Treter an und befindet: „Diese Schuhe würde ich erst einmal mit einem Schwämmchen anfeuchten, dann mit einer Bürste kreisförmig Crème der Marke Collonil 1909 auftragen, die Zedernöl enthält. Dann sieht der Schuh wieder sehr gepflegt aus, behält aber seine Patina.“

Mit einem Spezialwerkzeug fixiert der Pempelforter Schuhmachermeister das Innenfutter am Leisten

Die Besohlung findet seine Billigung, während er bei einem Paar schwarzer Business-Schuhe, die er später zur Reparatur erhält, den Kopf schüttelt: „Da hat jemand eine viel zu dicke Sohle daruntergenagelt und das hinzugefügte Innenfutter an der Ferse ist aus dem falschen Leder.“

Er hat dies und mehr zwischenzeitlich bestens gerichtet und seine Aussage, er sei – bei aller Qualität – letztlich auch nicht teurer als Mister Minit, hat sich mehr oder minder bestätigt.

Gelernt ist eben gelernt. Seine Lehre dauerte drei Jahre und mit dem zwischenzeitlich erworbenen Geschick erfüllt er auch ausgefallenere Kundenwünsche. So machte er gerade erst einen etwas zu kurz geratenen Scheich aus den Emiraten, der vorweg seinen Fahrer vorgeschickt hatte, mit handwerklichen Tricks fast unmerklich drei Zentimeter größer.

Nordins Philosophie: „Die Arbeit muss Freude machen, das Herz muss mitspielen. Ich mag es sehr, wenn Kunden meine Schuhe anziehen und ich sehe ihre Freude im Gesicht.“ Dabei lächelt er selbst.  – osi –

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