Gastronomische Zeitenwende an der Kö. Johanna und Guido Gutzeit (erst seit August 2017 ein Ehepaar) haben 20 Jahre lang mit umwerfender Gastlichkeit das „La Terrazza“ an der Kö geführt. Jetzt ist es geschlossen und wird im Oktober oder November wieder eröffnet – als „The Grill“, ein Luxusrestaurant mit Spezialität Steaks, das der Düsseldorfer Kay Herrmann mit über einer Million Euro hier über Dior installiert. Gastgeber bleiben Johanna und Guido. Die folgende Story ist ein leicht wehmütiger Rückblick auf das alte „La Terrazza“, sie ist vor zwei Jahren geschrieben worden.

Von Wolfgang Osinski

La Terrazza … ich erinnere mich an wunderbare Abende mit getrüffelten Spaghetti und rubinrotem Tignanello, an ausgedehnte Mittagessen, als man sich diese (zeitlich) noch leisten konnte. In den Neunzigern trank man zu zweit allemal eine Flasche Wein mittags und gern auch einen Grappa hinterher. Weniger Druck, keine Handys, es waren andere Zeiten.

La terrazza

Lange Jahre die gastronomische Perle über Eickhoff – jetzt residiert hier DIOR

Das La Terrazza weckt bei Stammgästen nur positive Erinnerungen. Johanna Kluge und Guido Gutzeit haben viele Stammgäste, denn was sie zu bieten haben, gibt es in Düsseldorf nicht so oft und an der nur einmal: Neben der Hotelgastronomie ist das lange über Eickhoff (demnächst Dior) thronende Restaurant mit 85 Plätzen das einzige herausragende Restaurant an der Kö.

La Terrazza

Johanna Kluge und Guido Gutzeit haben viele Stammgäste, denn was sie zu bieten haben, gibt es in Düsseldorf nicht so oft und an der Kö nur einmal. Rauhhaardackeldame Emma gehört zum lebenden Inventar.

Ja, früher gab’s den Benrather Hof, das La Scala, das Müllers & Fest. Doch seit 20 Jahren, man feiert gerade Jubiläum, zieht das La Terrazza im Kö-Center Freunde guter Gastronomie an, ein Restaurant wie ein Lichtblick im gastronomischen Dunkel unserer Prachtmeile – nicht nur wegen der stets geschmackvollen und nach außen wirkenden Beleuchtung, sondern insbesondere wegen der Kontinuität in Küche und Gastlichkeit.

Ich erinnere mich an ein Wiener Schnitzel, das Blasen warf, so wie man es nur erlebt, wenn es in der Butter geschwommen ist. Dazu ein Kartoffel-Gurken-Salat – köstlich. Bei einem früheren Besuch, der gleichfalls in Erinnerung bleibt, haben wir einen Tafelspitz mit Röstkartoffeln und Wirsing genossen, der hier, wie sich das gehört, in der Kasserolle auf den Tisch kommt.

Johanna Kluge ist Salzburgerin und das schlägt auch in die Küche durch, wo der langjährige Chefkoch und Boss des achtköpfigen Teams, Heinz Trapp, ein Urgestein und handwerklich ein Spitzenkönner, auch der österreichischen Küche zugeneigt ist, wenn auch der Schwerpunkt italienisch ist.

Trotz harter Arbeit gute Stimmung bei der Küchenbrigade von Heinz Trapp (rechtes Bild), die schon so manchen Prominenten bekocht hat

In der Vorweihnachtszeit zeigte Trapp den Gästen wieder mal, was ein erfahrenes Team (Guido Gutzeit: „Bei uns kocht nicht nur der Häuptling, auch die Indianer.“) auf den Tisch bringen kann. Das Essen der Wahl war das Trüffelmenü (86,90 Euro): Ein Carpaccio vom Rind mit Trüffelöl und italienischen Herbsttrüffeln vorweg, als Hauptgericht ein perfekt auf den Punkt gegrilltes Kalbsfilet auf Graupenrisotto mit Trüffelhollandaise und Blattsalaten und zum Abschluss dann ein Dessert zum Niederknien: eine Zabaione mit Amaretto, frischen Waldbeeren und Vanilleeis.

Farbenpracht im Arrangement und Vielfalt der Aromen: So wird der Tafelspitz im La Terrazza serviert

Allerdings ist das getestete Menü ein Kontrapunkt zu dem, was im La Terrazza Alltag ist. „Wir haben festgestellt, dass der Trend zu geringeren Portionen und zu weniger Gängen geht. Das Dreigängemenü markiert bei uns meist schon die Spitze. Die Portion Pasta zu 12 bis 15 Euro, dazu ein Glas offener Wein, das ist mittags durchaus üblich. Abends lassen sich die Gäste gern ein wenig mehr Zeit und neigen zu zwei oder drei Gängen.“ Weitere Veränderungen gegenüber beispielsweise den 1990er Jahren: „Die Leute essen früher und es wird nur in Ausnahmefällen ein Digestif getrunken, das war früher ja absolut die Regel.“

An die hielten sich auch prominente Wirtschaftslenker. Während die Inhaber diskret über ihre Gäste schweigen und nicht zu denen gehören, die bei prominentem Besuch die Presse anrufen, hat man als häufiger Gast doch einige bekannte Gesichter aus Chefetagen gesehen. Da war etwa mal Berthold Beitz mit dem damaligen Krupp-Chef, Günter Vogelsang, und einem Herrn namens Gerhard Cromme zu Gast. Da ging es bei Pasta und Vino um eine schwergewichtige Personalie. Berthold Beitz ließ sich von Johanna Kluge noch die rote Krawatte geraderücken, bevor er an den Tisch ging. Das Essen der Herren war eines der stärker beäugten in der 20-jährigen Geschichte des Lokals.

Nicht nur Stammgäste schätzen das einzigartige Ambiente und den ausgesprochen freundlichen Service. Daniella Boden arbeitet seit acht Jahren im La Terrazza.

Gar nicht beachtet wurde Hollywood-Star Penelope Cruz. Johanna Kluge: „Sie hat dreimal hintereinander bei uns gebucht, weil absolut niemand sie ansprach. Sie mochte auch Düsseldorf, sagte sie mir, weil niemand sie belästigt habe.“ Nicht belästigt, aber von jedem mit Blicken verfolgt, wurde Diva Sophia Loren. Guido Gutzeit: „Das war 1996 und sie logierte nach der Eröffnung des Movie Park Bottrop in Düsseldorf. Als sie zur Toilette ging, war es mucksmäuschenstill, man konnte die Herzschrittmacher ticken hören.“

Beachtung auf gar keinen Fall wollte der berühmte Dirigent Lorin Maazel, der mit unbekannter Dame kam. Er hatte um einen diskreten Tisch gebeten, den es aber so nicht gibt. Johanna Kluge lacht, als sie erzählt, wie sie das Problem löste: „Wir haben ihm den Toptisch am Fenster gegeben und einen riesigen Rosenstrauß dort platziert, niemand konnte ihn sehen.“

Ich gehe mit Johanna Kluge und Guido Gutzeit zum Frühstück ins Heinemann-Bistro und während wir hier die Gastlichkeit genießen, fallen den beiden noch viele Geschichten ein, jetzt zum „20.“. Guido Gutzeit schwärmt von Oscar Peterson, der Jazz-Legende. „Der setzte sich an das Klavier und hämmerte fast eine Stunde lang auf dem Stutz-Flügel – ganz einfach, weil ihm danach war.“ Die Hardrocker von AC/DC hockten auf der Terrasse, drehten sich ihre Zigaretten selber und tranken dazu den teuersten Wein. Der liegt im La Terrazza, dessen Weinkarte bei circa 40 Euro beginnt, bei etwa 2.000 Euro.

An den Herrscher eines arabischen Fürstenhauses erinnert man sich hier auch lebhaft: Die Mercedes-Kolonne mit dem Scheich musste in der Privatgarage des La Terrazza untergebracht werden … es regnete und Hoheit scheute den Regen.

Im Gästebuch des La Terrazza verewigten sich Legenden in Reihe, sogar mit Zeichnungen – wie Rolling Stone Ron Wood und Malerfürst Markus Lüpertz.

Ein Abend blieb Guido Gutzeit besonders in Erinnerung: der mit Regisseur Blake Edwards (starb 2010). Es floss viel Rotwein und Edwards erzählte dem studierten Theaterwissenschaftler stundenlang von seiner Arbeit.

Azubi Denaj Hajredin arbeitet derzeit an der einladenden Bar des Restaurants

Einmal „verriet“ Johanna Kluge einen Promi-Gast: Teeniestar Ashley Tisdale: „Ich rief meine zehnjährige Patentochter Charlotte an, die ein glühender Fan war, und sie bekam von ihr eine Autogrammkarte und konnte sich richtig nett mit ihr unterhalten. Am nächsten Tag war Charlotte in der Schule der Star.“

All diese Geschichten, all die Jahre …

Wer das La Terrazza heute betritt und zuletzt vor zehn Jahren da war, fühlt sich gleich zu Hause. „Wir gestalten das Restaurant genau so, wie unsere Gäste es wollen“, sagt Johanna Kluge. Da wird erneuert, aber nicht umgebaut. Guido Gutzeit bringt’s auf den Punkt: „Wir haben keinerlei Ambitionen, aus dem Lokal ein Philippe-Starck- Bistro zu machen.“

Auch das Personal bleibt. Immer wieder ist es ein großes Vergnügen, Ridha Saidi zu begrüßen. Der Tunesier empfängt Gäste mit strahlendem Lächeln, merkt sich jeden Namen und ist auch bei Bestellungen ein „Merk-Genie“. Eine Order von zehn Personen nimmt er schon mal ohne Notiz auf. Er parliert auf Deutsch, Französisch, Arabisch, Englisch und kann problemlos mitten in der Unterhaltung die Sprachen wechseln. Ridha ist lebendes Inventar, was auch für Luigi gilt, der Ähnlichkeit mit Al Pacino aufweist und in der Belegschaft für seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn bekannt ist.

Das La Terrazza ist auch als Ausbildungsbetrieb beliebt, wenn auch das Betreiberpaar seine Azubis regelmäßig zur Nestflucht ermuntert: „Wer bleibt, ist weiterhin doch irgendwie der Lehrling“, sagt Johanna Kluge. Ex-Azubis aus dem La Terrazza arbeiten derzeit in vielen Düsseldorfer Betrieben, etwa im Lido, im Steigenberger oder in der Sansibar.

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