Was sie im Keller lagern, würde ausreichen, alle Einwohner der Stadt Düsseldorf über längere Zeit heiter zu stimmen: Rund 100.000 Liter Edelkorn und weitere feinste Destillate in unterschiedlichen Reifestadien ruhen hier in mächtigen Fässern aus deutscher Eiche, Edelstahltanks und diversen Tongefäßen.

Wir sind in Niederkassel, am Stammsitz der Kornbrennerei Schmittmann, die in diesem Jahr 200-jähriges Firmenjubiläum feiert – und dazu natürlich auch einen Jubiläumstropfen der besonderen Art auf den Markt bringt.

Die Schmittmann-Mädels, Sonja und Vera, führen das Geschäft in sechster Generation, gelegentlich noch gut beraten von Vater Kurt (79). Familienbetrieb, das heißt, man wächst hinein ins Geschäft. „Vera und ich mussten schon früh ran, haben schon als Kids an der Abfüllanlage die kleinen Fläschchen in Kartons verpackt“, erinnert sich Sonja Schmittmann. „Wir haben uns schon früh für die Abfüllanlage, für die Technik interessiert“, sagt Schwester Vera, die sich an glückliche Kindertage auf dem Gelände erinnert: „Unser großer Hof war toll für Spiele jeglicher Art.“ Das Stammhaus der Familie, wo im ersten Stock bereits Opa Hubert das Licht der Welt erblickte, das Alte Kornhaus von 1640, die alten Gewölbe – ein Paradies für Kinder.

Das alte Kornhaus: Hier begann die Geschichte des Familienunternehmens

Wie die ganze Branche stellen auch die Schmittmanns fest, dass weniger Schnaps getrunken wird. „Aber wir steuern gut dagegen an“, sagt Sonja Schmittmann, „wir sind innovativ und mit einer Vielzahl hochwertiger Produkte bestens aufgestellt.“

Zwischen 20 und 25 Artikel sind bei Schmittmann im Angebot, je nach Saison. Die Klassiker sind Edelkorn, der Cacao-Nuss-Likör Canous, Düsseldorfer Kirsch, der Kräuterlikör Schlossturm und Boonekamp. Ein hochprozentiger Zuwachs ist der Schmittmann-Gin, der mit seiner Designflasche ebenso überzeugt wie mit seinem Inhalt.

„Gin ist derzeit total in“, sagt Thorsten Franke (52), der Destillateur und damit Gaumen und Nase des Familienunternehmens, „die Nachfrage ist sehr hoch und wir haben als erste in Düsseldorf Gin produziert, und zwar nach einem alten Rezept.“ Das, sagt Sonja Schmittmann, liege seit über 50 Jahren gut behütet im Safe.

Doch schauen wir zunächst mal auf das Kerngeschäft, den Korn. Thorsten Franke erklärt uns in dem seit 2009 auch für Besucher geöffneten Kellergewölbe, wie der 40-Prozenter entsteht. Man nehme feinen Vollweizen, koche ihn, worauf sich die Stärke freisetzt, die sich danach in Zucker wandelt. Das Ergebnis ist ein Getreidebrei, die Maische. Franke: „Die lässt man drei Tage ruhen, gibt ihr Zeit zu gären.“ Im Ergebnis erzielt man dann einen Alkoholgehalt von acht Volumenprozent. Dieser Alkohol wird dann mit der Destillieranlage herausdestilliert. Die Maische wird dabei erwärmt, worauf der Alkohol verdampft, wenn die Temperatur 78 Grad Celsius erreicht hat. Der daraus verflüssigte Alkohol, mit 96,7 Volumenprozent fast rein, wird mit hauseigenem Brunnenwasser auf die jeweilige Trinkstärke verdünnt.

„1818“, nach dem Gründungsjahr der Firma ist der Gin benannt, der auch schon kleine Ableger hat

Während der normale Korn 32 Volumenprozent hat, geht der Doppelkorn mit 38 und der Schmittmann-Edelkorn mit 40 Volumenprozent schon gut in den Kopf.

„Obwohl, wenn man nur Klaren trinkt, hat man keine Kopfschmerzen“, ist die Erfahrung von Vera Schmittmann, „Bier dazu geht auch, nur nichts Braunes“. Die beiden Schmittmann-Damen haben in ihren Twenzeiten gern und viel gemixt, gern mal im Sassafras den hauseigenen Apfelkorn gezischt, das „U-Boot“ getrunken – ein gefülltes Schnapspinnchen ist dabei in einem Alt zu versenken – oder den familieneigenen Spezialdrink genossen, Korn mit Sekt und Orangensaft. Vera Schmittmann: „Das war schon immer der Willkommensdrink bei uns.“

Bei Straßenfesten war stets der Caipirinha ein Hit – nach brasilianischem Rezept, aber mit Niederkasseler Korn.

Auslieferung an Kunden, im Hintergrund das verpachtete Brauhaus der Familie

Wir steigen in die Gewölbe unterhalb der Destillerie und stehen vor den gewaltigen 70 bis 80 Jahre alten Eichenfässern. „Obwohl sie schon so alt sind, haben sie doch unterschiedliche Ausprägungen“, sagt Thorsten Franke, der in der 1700 gegründeten Kornbrennerei Hardenberg in niedersächsischen Nörten-Hardenberg die Liebe zum Schnapsbrennen entdeckte.

Franke hat die Aufgabe, die Destillate zu prüfen, tägliche Geschmacksproben sind angesagt. Wie muss man sich das vorstellen? Hier ein Schnäpschen, da ein Schnäpschen, dann ein Nickerchen?

Franke lacht: „Nein, es ist ähnlich wie bei einer Weinprobe, man schlürft die Probe und spuckt sie wieder aus.“

Die hohe Kunst des Schmittmann-„Kellermeisters“: die verschiedenen Destillate so zu verschneiden, dass der gewollte und gewohnte Geschmack erzielt wird.

Hinten im Keller entdecken wir wunderbare Tongefäße. Hier reifen die Liköre, der Kirsch, der Schlossturm – und der Gin. Der Schmittmann-Edelkorn verbringt ein ganzes Jahr im Eichenfass, bevor er in Edelstahlbehälter umziehen muss. „Die einjährige Lagerung im Eichenfass ist unsere Besonderheit“, sagt Sonja Schmittmann, die bei einer kleinen Trinkprobe mit einem Vorurteil aufräumt: „Die meisten Menschen kippen den Korn, das ist falsch, man sollte ihn genießen und langsam trinken, am besten aus einem Cognacschwenker.“ Thorsten Franke bestätigt: „Auf jeden Fall sollte es ein Kelchglas sein, das schmeckt deutlich besser.“

Hochwertigkeit ist Trumpf bei Schmittmanns und Qualität wird belohnt. So zeichnete die Deutsche Landwirtschafts Gesellschaft (DLG) den zehn Jahre alten Jubiläumskorn und den Cacao-Nuss-Likör Canous mit Goldmedaillen aus.

Ben’s Kornbrand ist ein ganz besonderes Wässerchen: Zehn Jahre lang ruhten die 5.000 Liter im Keller, bevor sie in den Verkauf kamen. In diesem Jubiläumsjahr geht wieder eine Charge in den Verkauf. Wer nun wie Thorsten Franke mal alles durchprobieren möchte, Jubikorn inklusive, kann sich für eine der ca. anderthalbstündigen öffentlichen Führungen anmelden, zu denen man, wie Sonja Schmittmann augenzwinkernd meint, „am besten nicht mit dem Auto kommt“.

Kornbrennerei Schmittmann: Niederkasseler Straße 106, Tel.: 0211 – 55 55 65 // www.schmittmann-korn.de // Die Brennereiführungen kosten 12,00 Euro pro Person.

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