Oben: Rote Tulpen, 1926. Wassertempera und Tusche auf Bütten. 47,5 x 56,5 cm

„Ich lasse Alles gelten“, kommentiert Christian Rohlfs (1849-1938) seine künstlerische Praxis, die sich  prägend mit den Avantgarden des späten 19. und des frühen 20. Jahrhunderts auseinandersetzt. Kaum ein anderer Künstler seiner Zeit experimentiert so intensiv mit den Stilrichtungen seiner Zeit wie etwa dem Impressionismus, dem Pointilismus und dem Expressionismus ohne sich selbst und seinem bildnerischen Dialog dabei je untreu zu werden.

1_Rohlfs_Bluer Mondschein am Lago Maggiore_1933

Blauer Mondschein am Lago Maggiore, 1933. Wassertempera auf Bütten. 78,6 x 58 cm

Seine künstlerische Laufbahn beginnt äußerst tragisch: Als 14-Jähriger stürzt Christian Rohlfs von einem Apfelbaum und beginnt im zweijährigen Krankenlager zu zeichnen. Dort wird sein Talent entdeckt und er erhält eine Stelle bei der Großherzoglichen Kunstschule in Weimar. Doch schon nach drei Jahren muss er sein Kunststudium unterbrechen, sein rechtes Bein hat sich in Folge des Sturzes chronisch entzündet und wird amputiert. Nach einer Genesungszeit nimmt Rohlfs sein Studium wieder auf und arbeitet ab 1884 als freischaffender Künstler im idyllischen Weimar. Von dort wechselt er in die Industriestadt Hagen, wo ihm 1930 sogar ein eigenes Christian-Rohlfs-Museum (heute Osthaus Museum) gewidmet wird.

Seine Werke reisen schon damals zu zeitgenössischen Ausstellungen von Antwerpen bis Wien und von Paris bis New York. Auch Rohlfs reist viel und gerne zu den Kunstzentren seiner Zeit, um sich vom künstlerischen Fortschritt inspirieren zu lassen. Die intensive Beschäftigung mit den internationalen künstlerischen Avantgarden spiegelt sich in seinem Werk, das sich bis zum Lebensende hin kontinuierlich verändert und steigert.

Experimentierfreudig und einfallsreich nutzt Rohlfs bis ins hohe Alter unterschiedliche Materialien und probiert neue Techniken aus. Ihn interessiert dabei vor allem das Wesen der Dinge. So wischt Rohlfs in seinem Spätwerk zuvor aufgetragene Farbschichten partiell wieder ab, löscht diese also gezielt aus. Er trägt dann neue Farbe auf, um noch radikaler im Wasserbad oder gar mit einer Drahtbürste die Bildoberfläche so lange zu bearbeiten, bis die Blätter eine luzide Wirkung erhalten. Auf diese Weise entmaterialisiert Rohlfs den Bildgegenstand und verleiht seinen Spätwerken eine einzigartige, auratische Wirkung.

Die Galerie Ludorff in Düsseldorf widmet diesem wichtigen deutschen Maler des Expressionismus anlässlich seines 75. Todesjahres eine umfassende Einzelschau. Rund 30 – teils großformatige – Meisterwerke auf Papier geben Einblick in das Spätwerk von Rohlfs, das zweifelsohne als Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens gilt.

Das Verwinden der materiellen Substanz und die immer weiter fortschreitende Abstraktion lassen sich an seinen späten Landschaften besonders gut ablesen, so auch bei dem in der Ausstellung gezeigten Werk »Blauer Mondschein am Lago Maggiore« von 1933.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Text von Dr. Tayfun Belgin, Direktor des Osthaus Museum in Hagen.
Galerie Ludorff, Düsseldorf

Ausstellungseröffnung: Sonntag, 22. September 2013
Es spricht Dr. Tayfun Belgin, Direktor des Osthaus Museum in Hagen
Die Ausstellung läuft vom 22. September 2013 bis 11. Januar 2014

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Gelbe Narzissen, 1917. Aquarell auf Papier. 64,2 x 48,2 cm

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