Es ist ein Morgen Anfang Mai. Wir folgen Revierförster Klaus Weinem durch eine Schneise im „Rhododendron-Dreieck“. Bizarre Stämme und Äste rund um uns, darüber das Dach aus Rhododendronblüten. Es duftet nach Azaleen. Wir sind im Herzen des zweitgrößten deutschen Rhododendron-Parks, in Düsseldorfs nördlichstem Stadtteil Angermund. Hier und da bricht die Sonne durch die Kronen der gewaltigen Gewächse und setzt Glanzlichter im Unterholz. Die Pflanzen, zwischen deren 22 bis 23 cm dicken Stämmen wir uns bewegen, sind bis zu neun Meter hoch und über 190 Jahre alt. Das „Rhododendron-Dreieck“ erstreckt sich über einen halben Hektar.
Der Rhododendron ist das Markenzeichen des Parks von Schloss Heltorf. Nur im ostfriesischen Westerstede sieht man mehr dieser Pflanzen, doch hier in Angermund, sind sie eingebettet in eine harmonische Landschaftsarchitektur. Das natürliche Kleinod, über Jahrhunderte gepflegt, beeindruckt auch durch seine Vielfalt an Baum-arten, darunter hunderte exotische Gehölze wie Kuchenbaum, Mexikanische Fichte, Chinesischer Rosinenbaum, Gingkobaum, Judasbaum, Japanische Kamelie, der Purpurblättrige Bergahorn, Chinesisches Rotholz und die Himalaya-Zeder. Die Fülle, die Farbenpracht, das beruhigende Grün! Es ist nachvollziehen, dass Revierförster Klaus Weinem sagt: „Ich arbeite jetzt seit fast 30 Jahren hier, aber ich genieße alles immer noch wie am ersten Tag“. Man staunt, wo immer man hinschaut. Da ist „Großmutters Bordüre“, eine Gruppe von Rhododendren, sechs bis sieben Meter hoch, gepflanzt zwischen 1830 und 1850. Oder der „Grafengarten“, Gruppen von Rhododendren und Azaleen, gepflanzt vor 1890, alle vier bis sieben Meter hoch gewachsen. Oder die beeindruckenden Rhododendron-Hybriden am „Katzenweg“, auch schon 1840 gepflanzt und bis zu fünf Meter hoch.
Die Anlage, größer als 120 Fußballfelder, ist Teil der umfangreichen Ländereien im Privatbesitz von Wilhelm Graf von Spee. Der hält den Schlosspark mit einem hohen fünfstelligen Aufwand jährlich in Ordnung und teilt ihn mit der Öffentlichkeit: Vom 1. Mai bis zum 31. Oktober kann der Park besichtigt werden (Eintritt: 2,50 EUR).
Es war 1796, am 24. Oktober, als Graf Carl Wilhelm von Spee (1759 – 1810) mit dem französischen Abbé Joseph Biarelle, der zu Gast war, einen Spaziergang in der Nähe von Schloss Heltorf unternahm. Die Gegend glich damals einer Wüste mit Lehm- und Sandgruben und verkrüppelten Fichten. Der Abbé schilderte dem Grafen seine Vision, hier einen Park anzulegen und überzeugte Carl Wilhelm von Spee damit so eindrücklich, dass der Graf umgehend damit begann, das Gelände zu verwandeln. Der Abbé dachte zunächst praktisch und pflanzte Obstbäume, besonders viele Exemplare der stark blühenden Kirsche. Nach der Anlage weiterer nutzbringender Stauden und Sträucher ließ er Sorten von Holunder, die Hagebutte, die Johannisbeere, Stachel- und Himbeere sowie Haselnuss setzen.
Es begann eine Zeit, in der viele Gärtnereien der Umgebung gute Umsätze machten. Vieles, was damals klein eingekauft wurde, ist heute zu bemerkenswerter Größe herangewachsen, so auch das Tulpenbäumchen, das der Graf 1799 von Joseph Clemens Weyhe, dem „kurfürstlichen Lustgärtner zu Brühl“, erwarb. Dieser Tulpenbaum ist heute mit einer Höhe von 39,8 Metern und einem Stammumfang von fast sechs Metern einer der höchsten Bäume im Park. Mit 33,6 Metern fast genauso groß ist eine Atlas-Zeder und die seltene Japanische Sicheltanne ist mit 29,6 Metern auch ein imposantes Exemplar.
„Dies ist unsere älteste Eiche“, sagt Revierförster Weinem und deutet auf einen eindrucksvollen Baum vor uns, „sie ist schon über 400 Jahre alt.“ Wer Bäume pflanzt und weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen – diese philosophische Erkenntnis fällt einem ein, wenn man über die Historie dieses Parks und die Nachhaltigkeit und Kontinuität in der Pflege nachdenkt.
Nachdem der französische Abbé den Bau der Parkanlage begonnen hatte, übernahm 1803 ein echter Profi: Maximilian Friedrich Weyhe, dem wir auch den Hofgarten zu verdanken haben, plante den Park und führte ihn zu der Bedeutung, die er heute noch genießt. Seine Handschrift zeigt sich in mancherlei gestalterischen Details, darunter ein über einem Eiskeller liegender Hügel, der mit acht Linden bepflanzt ist und in der Anlage des „Langen Wegs“, einer prägenden Achse, die den Park durchschneidet und für Weyhe typisch war.
Der historische Teil des Parks liegt im nordöstlichen Teil, nach Südwesten erstreckt sich ein Hochwald von abwechslungsreicher Gehölzstruktur und großem Artenreichtum, durch die Zwischenpflanzungen teilweise exotischer Busch- und Straucharten aufgelockert. Der Park ist einer der schönsten niederrheinischen Waldparks im englischen Landschaftsstil.
Das Wasserschloss Heltorf, vom Grafen von Spee bewohnt, ist von rotbuchenreichen Wäldern umgeben, der Schlossweiher wird vom Angerbach gespeist. Bei so viel Wald ist auch das Wild nicht weit. „Wir sehen oft morgens auf den Lichtungen eine ganze Reihe von Rehen, ganz friedlich äsend“, sagt Förster Weinem, „sie haben hier ihre Ruhe und sind nicht sehr scheu.“ Neben den Rehen bevölkern Fuchs, Dachs und Hase den Schlosspark und in den insgesamt 2.200 Hektar großen Wäldern des Forstbetriebs Heltorf zwischen Düsseldorf, Duisburg, Mülheim und Ratingen wird auch gejagt.
Das Wildfleisch, sofern es nicht im Schloss Heltorf verarbeitet wird, wird über den regionalen Wildhandel vertrieben.
„Die Natur mit allen Sinnen erleben“, unter diesem Motto steht ein Waldpädagogik-Programm für Schulklassen oder private Gruppen. Anmeldung per E-Mail an info@forst-graf-spee.de oder unter der Telefonnummer 0203 – 746465
Wolfgang Osinski
Mehr Informationen: www.forst-graf-spee.de
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Jedes Jahr im Mai eine Wonne durch die Blütenpracht der Rhododendron Sträucher zu flanieren!
Empfehle ich auch immer wieder meinen Kunden. Dort ist es wirklich atemberaubend schön 🙂