Um 1900 wollte jede größere Stadt in Deutschland, die etwas auf sich hielt, ein Varieté-Theater haben. Diese besondere Abendunterhaltung mit Akrobatik, Clowns, Parodien, Gesang und Orchester, verbunden mit einem leckeren Abendessen, traf auf ein offenes Publikum, das sich gern unterhaltsam ablenken lassen wollte. Das galt auch für die schnell gewachsene und durchaus wohlhabend gewordene Stadt Düsseldorf.
Unter dem Namen Apollo eröffnete solch ein Vielzweck-Theater am 16.12.1899 an der südlichen Kö seine Pforten. Der private Druckereibesitzer Carl Kraus hatte den Architekten Hermann vom Endt beauftragt, dort ein Theater zu erbauen. Der Zentralbau prunkte in bestem gründerzeitlichen Stil und über etwa 60 Jahre hinweg sollte er eine höchst wechselvolle Geschichte schreiben. Drei Jahrzehnte lang war dort das Varieté zu Hause. Namhafte Künstler wie Sarah Bernhard, Eleonore Duse oder Max Reinhard gastierten hier. Der Siegeszug des Films bereitete dem Varieté um 1930 den Garaus. Nach gravierenden Umbauarbeiten, die auch das Äußere des Gebäudes markant im neusachlichen Stil der Zeit änderten, wurde aus dem Apollo der UFA-Filmpalast.
Brandbomben trafen 1942 das Gebäude. Dadurch wurde es sehr stark beschädigt, jedoch nicht so vollständig zerstört, dass es hätte abgerissen werden müssen. Also wurde es ein weiteres Mal umgebaut und 1950 als Möbelhaus eröffnet, denn Möbel brauchte nach den Zerstörungen des Krieges fast jeder. Nach einer erneuten Schließung 1959 und erneuten Umbaumaßnahmen beherbergte es für ein Jahr ein Rundfunkstudio, um 1965 dann jedoch endgültig abgerissen zu werden. An seiner Stelle entstand später ein modernes Bürohochhaus.
An diese einstige Varieté-Tradition erinnerte sich Bernhard Paul, ein begeisterter Zirkusdirektor, Regisseur und Clown und zusammen mit André Heller der Begründer des Circus Roncallli. Als der Dumme August Zippo begeisterte er sein Publikum, aber er erwies sich auch als grandioser Manager seines beliebten Zirkusunternehmens. In den 1990er-Jahren hatte er die Idee, in Düsseldorf das erste Varieté-Theater nach dem Krieg errichten zu wollen. Seine Freundschaft zu dem damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau erleichterte dem vor allem in Köln lebenden Zirkusdirektor wohl seine Entscheidung. Erst sollte es am Burgplatz entstehen, doch das erwies sich als zu teuer. Dann fand sich – nur einen Kilometer vom einstigen Apollo entfernt – ein ganz besonders abseitiger, aber dennoch zentral gelegener Platz unter der Rheinkniebrücke neben dem Landtag und auf dem Rheinufer.
In diesen von der Brücke gedeckelten Raum hinein schob der Architekt Nikolaus Fritschi (in Kooperation mit Benedikt Stahl und Günther Baum) ein in der Außenhaut gläsernes Tortenstück. Die Form des Tortenstücks zieht sich durch das ganze Theater, von der Außenhaut bis hin zur Bühne – „wie ein rot angestrichenes Tortenstück in einem Glaskasten, cool, puristisch, modern“, beschrieb es die Rheinische Post zur Eröffnung im Oktober 1997. Innen jedoch präsentiert es sich, wie man es von einem Varieté erwartet, verspielt, mit Sternenhimmel, die Wände mit rotem Samt bespannt, Sitze und Boden in klassischem Varieté-Rot. Die Konzertmuschel ist mit Gold ausgeschlagen, die Handläufe leuchten in güldenem Messing. Man sitzt an kleinen Tischen, kann essen und trinken und immer höchst qualitätsvolle Programme erleben, die Besucher immer wieder zum Kommen verführen.
Den Architekten ist hier ein wirkliches Kunstwerk gelungen, das auch mit dem Deutschen Städtebaupreis ausgestattet wurde. Das Gebäude füllt nicht nur einen im Prinzip vorher toten Winkel, mit intensiven Farben und einer fröhlichen Beleuchtung des Nachts gestaltet es auch einen Platz, der sich eigentlich nur aus der Ansammlung von Gebäuden und Verkehrsbauwerken ergeben hat und alles andere als Struktur aufweist. Entstanden ist ein Zauberreich unter der Brücke.
Brigitte Lohkamp
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Das Apollo in Düsseldorf ist meiner Meinung nach das Beste Varietétheater der Welt. Mein Mann und ich schauen uns demnächst Crazy X-MAS im Apollo an und ich kann es vor lauter Vorfreude kaum erwarten :-). LG Martina