Von Gisela Rudolph

So klein kann ein Podium gar nicht sein, dass sich Rolando Villazóns mexikanisches Temperament nicht ungebremst Bahn bricht. Mit Gestik, Mimik und dem gesamten Körper stellt der Star-Tenor, Autor, Zeichner und Regisseur dar, was er parallel wortreich mit viel Witz zu erzählen hat. 

In den Genuss dieses Gesamtkunstwerks Villazón kamen die geladenen Gäste im „Sir Walter“ anlässlich der Rheinopern-Premiere „I Puritani“ von Vincenco Bellini. Und da es zumindest die Namensgleichheit nahe legt, wurde der berühmte Cocktail „Bellini“ gleich mitgeliefert, auch wenn der Drink mit dem sizilianischen Belcanto-Komponisten Bellini rein gar nichts zu tun hat. 

Gut, dass „Sir Walter“ und die Rheinoper sich direkt gegenüber liegen. So dachten sich Bar-Chef Walid El Sheikh und Opernhaus-Intendant Christoph Meyer, es sei Zeit, Nachtschwärmer und Opernfans endlich mal zusammen bringen. Schließlich schaut man sich ja allabendlich fast – im übertragenen Sinne – in die Augen.

Den Cocktail testet Villazón wenigstens fürs Foto – Foto: Andreas Endermann

Also, Podium frei für Rolando Villazón und seinem Regiekonzept. Der tröstet, die Oper habe nur am Rande mit den Puritanern vor dem Hintergrund des englischen Bürgerkriegs – puritanische Protestanten contra katholische Royalisten – zu tun. „Eigentlich sind wir in der Zeit von Mad Max“; erklärt Villazón süffisant. Science Fiction, Historie, was auch immer, „nicht gestern, nicht heute, nicht morgen.“

Klar geht’s um den Evergreen „boy meets girl“ und, klar, alles Mögliche kommt dazwischen. Das allgegenwärtige Problem der Oper und ihrer singenden Helden weiß Villazón genauso anschaulich vorzuführen. „Ich will dich töten, aber erst muss ich singen“, stellt er den dramaturgischen Konflikt von Opernhandlungen dar und springt in die typische Fechtstellung mit Ausfallschritt und symbolisch ausgestrecktem Degen. 

Mit Diskussionen um Werktreue plagt sich Villazón weniger. „Wir müssen das unterstützen, was das Stück ist.“ So sind die Kostüme wohl durchaus aus der Zeit des im 17. Jahrhundert spielenden Stücks, versprichen aber zeitgemäße „ästhetische Linien“.

Anregendes Entertainment für die Gäste im Sir Walter bot dieser Bellini-Cocktail auch im übertragenen Sinne. Nicht zuletzt durch die Moderation von Pressesprecherin Tanja Brill und der Chef-Dramaturgin Anna Melcher. Sie verrieten unter anderem, dass Rolando Villazón die kommende Aidsgala moderiert, sein drittes Buch „Amadeus auf dem Fahrrad“ auf dem Markt ist und er möglichst jede Woche ein Buch liest. Ob er das in Düsseldorf geschafft hat? Fraglich. Denn in seine neuen Inszenierungen investiert er täglich schon mal 15 Stunden.

Als Belcanto-Meister zeigten sich zum Schluss Bogdan Talos und Jorge Espino mit einem Vorgeschmack auf den sehr opulenten statt puritanischen Wohllaut der Bellini-Oper.

Adela Zaharia, seit ihrem Gewinn des Wettbewerbs „Operalia“ in der internationalen Sänger-Elite angekommen, machte sich‘s derweil hinten an der Bar gemütlich. „Heute singen die Jungs“, erklärte sie vergnügt. Schließlich braucht sie für die Elvira, eine der komplizierten „Puritani“-Hauptpartien, eine ausgeruhte, geläufige Kehle.

Premiere 18.12., weitere Vorstellungen unter www.operamrhein.de

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